Der Bundesrat hat dem Jahressteuergesetz 2024 am 22. November 2024 zugestimmt. Das Gesetz enthält zahlreiche Neuregelungen für Kleinunternehmer.
Erhöhung der Schwellenwerte für Kleinunternehmerregelung
Unternehmer, die gewisse Umsatzgrößen nicht überschreiten, können die so genannte Kleinunternehmerregelung nutzen. Sie bietet einige Vorteile, geht allerdings mit dem Verlust des Vorsteuerabzugs für selbst angeschaffte Waren und in Anspruch genommene Dienstleistungen einher. Bislang konnten Unternehmer die Kleinunternehmerregelung wählen, wenn ihr Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer im Vorjahr nicht höher als 22.000 Euro war und im laufenden Jahr voraussichtlich nicht höher als 50.000 Euro sein wird.
Ab 2025 werden die Schwellenwerte angehoben: Die Kleinunternehmerregelung kann gewählt werden, wenn der Jahresumsatz im Vorjahr nicht höher als 25.000 Euro war und im laufenden Jahr nicht höher als 100.000 Euro ist. Das heißt: Unternehmer, die in 2024 die Umsatzgrenze von 25.000 Euro nicht überschritten haben und deren Umsätze 2025 den Betrag von 100.000 Euro nicht übersteigen, können die Neuregelung bereits anwenden. Gegenüber der bisherigen Regelung ist der Gesamtumsatz ohne Hinzurechnung der Umsatzsteuer maßgebend. Während also die bisherigen Grenzen Bruttosummen waren, sind die neuen Grenzen Nettosummen.
Nach der bisherigen Regelung war bezüglich der Umsatzobergrenze (50.000 Euro) für das laufende Kalenderjahr lediglich eine Prognose des Unternehmers aufgrund einer sachgerechten Schätzung zu Beginn des Kalenderjahres erforderlich. Auch wenn der tatsächliche Umsatz dann 50.000 Euro im Laufe des Kalenderjahres entgegen der Prognose überstiegen hat, konnte die Kleinunternehmerregelung bis zum Ende des Kalenderjahres angewandt werden. Ein unterjähriger Wechsel zur Regelbesteuerung ist nicht vorgesehen.
Ab 2025 ist die neue Umsatzobergrenze für das laufende Kalenderjahr von 100.000 Euro als ein Grenzbetrag zu verstehen, bis zu dessen Erreichung die Anwendung der Kleinunternehmerregelung für dieses Kalenderjahr zulässig ist, aber ab Überschreiten kommt eine weitere Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung nicht mehr in Betracht. Sobald im laufenden Jahr die Grenze von 100.000 Euro überschritten wird, ist man kein Kleinunternehmer mehr und muss Umsatzsteuer in seinen Rechnungen ausweisen und abführen (vorausgesetzt natürlich, die Umsätze sind nicht nach anderen Vorschriften steuerfrei). Die bis zum Zeitpunkt der Überschreitung bewirkten Umsätze sind indes steuerfrei. Erforderlich ist also eine fortlaufende Überwachung des Gesamtumsatzes, um das Überschreiten der Umsatzobergrenze sofort feststellen zu können.
Wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Laufe des Kalenderjahres aufgenommen oder beendet, muss bisher der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umgerechnet werden. Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln. Ab 2025 entfällt eine Umrechnung in einen Jahresgesamtumsatz, wenn der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur für einen Teil des Kalenderjahres ausübt. Der Gesamtumsatz darf im laufenden Kalenderjahr den Betrag von 25.000 Euro nicht überschreiten. Bereits der Umsatz, mit dem die Grenze überschritten wird, unterliegt der Regelbesteuerung. Die bis zum Zeitpunkt der Überschreitung bewirkten Umsätze sind steuerfrei.
Vereinfachte Rechnungen
Grundsätzlich muss eine Rechnung von Kleinunternehmern die gleichen Pflichtangaben enthalten wie eine normale Rechnung (§ 14 Abs. 4 UStG), wobei allerdings keine Umsatzsteuer und auch kein Umsatzsteuersatz ausgewiesen werden darf. Seit dem 1.1.2025 sind folgende Punkte zu beachten:
- Kleinunternehmer sind zwar nicht verpflichtet, eine Rechnung in Form einer "elektronischen Rechnung" auszustellen. Stattdessen können sie ihre Rechnungen auch als sonstige Rechnung (auf Papier oder in einem elektronischen Format, das nicht die Anforderungen an eine E-Rechnung erfüllt) ausstellen. Sie müssen aber in der Lage sein, E-Rechnungen zu empfangen.
- Kleinunternehmer sind nicht verpflichtet, bei einer Leistung an eine Privatperson im Zusammenhang mit einem Grundstück (§ 14b Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 UStG) eine Rechnung auszustellen.
- Nach der bisherigen Rechtslage wird bei Anwendung der Kleinunternehmerregelung die Umsatzsteuer für Umsätze bei Kleinunternehmern nach § 19 UStG "nicht erhoben". Nach der neuen Regelung ab 2025 sind die Umsätze eines Kleinunternehmers "von der Umsatzsteuer befreit". Die Rechnung eines Kleinunternehmers muss daher nun den Hinweis enthalten, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer (§ 19 UStG) gilt.
Kleinunternehmerregelung auch für Unternehmer im EU-Ausland
Bislang konnten nur Unternehmer mit Sitz in Deutschland die Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG für Umsätze in Deutschland in Anspruch nehmen. Wer also etwa in Italien wohnt und in Deutschland eine Ferienwohnung prinzipiell steuerpflichtig vermietet, konnte die Kleinunternehmerregelung nicht nutzen (BFH-Urteil vom 12.12.2019, V R 3/19).
Ab 2025 können auch Unternehmer, die im EU-Ausland ansässig sind, die Kleinunternehmerregelung in Deutschland anwenden (§ 19 Abs. 4 UStG). Sie dürfen die Kleinunternehmerregelung nutzen, wenn der Umsatz im Gemeinschaftsgebiet im Vorjahr und im laufenden Jahr den Grenzwert von 100.000 Euro nicht überschreitet, und dem Unternehmer für die Steuerbefreiung durch den EU-Mitgliedstaat der Ansässigkeit die insoweit gültige Kleinunternehmer-Identifikationsnummer erteilt oder bestätigt wurde. Der nationale Schwellenwert von 25.000 Euro für in Deutschland bewirkte Umsätze gilt aber parallel zu der 100.000-Euro-Grenze. Umgekehrt dürfen deutsche Kleinunternehmer nun in anderen EU-Ländern die dortige Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, solange ihr Umsatz im Gemeinschaftsgebiet 100.000 Euro pro Jahr nicht überschreitet. Und sie wiederum müssen dann auch die nationalen Schwellenwerte des jeweiligen anderen EU-Landes für die dort bewirkten Umsätze beachten.
Damit in Deutschland ansässige Unternehmer die Steuerbefreiung in einem anderen EU-Mitgliedstaat in Anspruch nehmen können, wird ein besonderes Meldeverfahren eingeführt. Zuständig für die Durchführung des Meldeverfahrens und die Zusammenarbeit mit den anderen Mitgliedstaaten ist das Bundeszentralamt für Steuern. Wichtig: Überschreitet im laufenden Kalenderjahr der Jahresumsatz im Gemeinschaftsgebiet die Grenze von 100.000 Euro, so findet die Steuerbefreiung ab diesem Zeitpunkt keine Anwendung mehr. Dies hat der Unternehmer dem BZSt binnen 15 Werktagen auf elektronischem Weg mittels amtlich vorgeschriebenem Datensatz anzuzeigen. Mit Überschreitung des Jahresumsatzes im Gemeinschaftsgebiet endet die Teilnahme am besonderen Meldeverfahren. In der Folge darf der Unternehmer die Kleinunternehmer-Identifikationsnummer nicht mehr verwenden. Davon unberührt bleibt die Anwendung der Kleinunternehmerregelung in Deutschland (§ 19a Abs. 4 UStG).