Wird ein Firmen-Pkw privat genutzt oder besteht zumindest die Möglichkeit einer Privatnutzung, ist der Privatanteil zu versteuern. Es gilt der "Beweis des ersten Anscheins", der fast immer für eine Privatnutzung eines Fahrzeugs spricht. Im Prinzip gibt es nur zwei Möglichkeiten, den Anscheinsbeweis einer Privatnutzung zu entkräften. Erstens, wenn für Privatfahrten ein weiteres Fahrzeug zur uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung steht. Voraussetzung für eine solche Entkräftung ist jedoch, dass dieses Privatfahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar ist. Zweitens kann der Anscheinsbeweis einer Privatnutzung durch ein Fahrtenbuch erschüttert werden. Beide Möglichkeiten haben aber jeweils einen Haken: Die Finanzämter zweifeln die Vergleichbarkeit der Fahrzeuge oftmals an oder wenden ein, dass das Fahrzeug im Privatvermögen auch durch den Ehegatten oder die volljährigen Kinder genutzt werden konnte. Und ein Fahrtenbuch wiederum wird nur akzeptiert, wenn dieses "ordnungsgemäß" ist und keinerlei Mängel enthält. Nun hat der Bundesfinanzhof aber zugunsten der Betriebsinhaber wie folgt entschieden: Bei der Prüfung, ob der für eine private Nutzung betrieblicher Fahrzeuge streitende Anscheinsbeweis erschüttert ist, müssen sämtliche Umstände berücksichtigt werden. Ein Fahrtenbuch darf nicht von vornherein mit der Begründung außer Betracht gelassen werden, es handele sich um ein nicht ordnungsgemäßes Fahrtenbuch (BFH-Urteil vom 22.10.2024, VIII R 12/21).
Der Kläger hielt in seinem Betriebsvermögen einen BMW 740d X Drive sowie einen Lamborghini Aventador, in seinem Privatvermögen einen Ferrari 360 Modena Spider und einen Jeep Commander. Er trug vor, dass sich aus den handschriftlichen Fahrtenbüchern und den von ihm nach den Fahrtenbüchern angefertigten Transkripten ergebe, dass er den Lamborghini und den BMW nicht privat genutzt habe. Eine vermeintliche Privatnutzung sei auch deshalb nicht zu versteuern, weil er über gleichwertige Fahrzeuge im Privatvermögen verfügt habe. Doch damit konnte er weder beim Finanzamt noch beim Finanzgericht durchdringen. Zum einen handele es um andere Fahrzeugtypen mit unterschiedlichem Prestige und Nutzungsmöglichkeiten. Zum anderen seien die handschriftlich geführten Fahrtenbücher nicht lesbar gewesen. Die Unleserlichkeit von Fahrtenbüchern könne auch nicht durch ein nachträglich erstelltes Transkript geheilt werden. Der Bundesfinanzhof ist aber anderer Auffassung und hat die Vorentscheidung aufgehoben.
Die Vorinstanz hat fälschlicherweise angenommen, dass der für eine Privatnutzung sprechende Anschein nur durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch erschüttert werden könne. Denn auch andere handschriftliche Aufzeichnungen über die Nutzung der Fahrzeuge können den Anscheinsbeweis für die private Nutzung betrieblicher Fahrzeuge entkräften. Das Finanzgericht hätte deshalb dem Vortrag des Klägers, dass sich das Fahrtenbuch und das Transkript inhaltlich decken und sich aus den Eintragungen ergebe, dass es keine Privatfahrten gegeben habe, nachgehen müssen. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei den Transkripten um die maschinenschriftliche Nachschrift der Fahrtenbücher handelt, die teilweise nicht lesbar sind. Die Vorinstanz muss nun anhand der Kriterien des BFH prüfen, ob der Kläger den Anscheinsbeweis für eine private Nutzung des BMW und des Lamborghini erschüttert hat.
Auch wenn die Sache im Besprechungsfall vielleicht noch einmal gut ausgeht, so ist doch stets zu raten, ein Fahrtenbuch korrekt zu führen. Im aktuellen Fall ging es im Übrigen nur um die Frage, ob angesichts der Aufzeichnungen und der Fahrzeuge im Privatvermögen die Versteuerung einer Privatnutzung der betrieblichen Kfz überhaupt erforderlich ist. Und immerhin verfügte der Steuerpflichtige über Unterlagen. Wer von vornherein weder ein Fahrtenbuch noch irgendwelche anderen aussagekräftigen Aufzeichnungen führt, wird weniger Erfolg haben als der Kläger im aktuellen Verfahren. Und um Missverständnisse zu vermeiden: Auch wenn der Kläger vor dem BFH erfolgreich war, so heißt das nicht, dass er nun alle Kosten für die beiden Fahrzeuge als Betriebsausgaben abziehen darf. Bei dem Lamborghini ist nämlich auch die Angemessenheit der Fahrzeugaufwendungen zu prüfen.